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Felix commercium

Felix commercium
 

Felix commercium

Athene sogar (wiewohl sie ihm schon
mit dem Trank der Unsterblichkeit nahte) Athene
die ihn beschützte den herrlichen Liebling
auch sie schließlich wandte ihr Eulenaug ab
endgültig und voll Entsetzen
von diesem Tydeus als er vor Theben
Mensch unter Menschen und nun
Schaum vor dem Mund mit dem letzten Atem-
zug das Gehirn seines Gegners einschlürfte

– – da die Tiere doch und die vernunftlosen Pflanzen
selbst sie wie wir heute wissen
(trotz hier und dort – aber im Prinzip)
seit eh und je miteinander harmonisch
in kosmischem Kuss
ein jedes exakt so viel gebend
ein jedes exakt so viel nehmend
Kohlendioxid gegen Sauerstoff
wie das andre bedarf zu Leben und Wohlsein –
und dann Tydeus! Oder nehmen Sie

Fernsehen und Internet heutzutage
wie sie die Welt umspannen mit einer Sphäre
vielsprachigen Einvernehmens
so dass wir alles verstehend
(ob Hochzeitsquoten von Walen
ob Rauchzeichen über dem Regenwald)
garantieren wir faktysch für
d.h. fakteus wyr
Pardon! fak-
 
 
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Zu lange zu nah

Zu lange zu nah
 

Zu lange zu nah

und dein argloses Aug
das unsre Tage besonnte
schon hats den Narthexstengel bemerkt
der mit krummem Mark
heimlich ihm Funken entfremdet für
ach verbotenen Brand –
 
Stein nun sein Blick
Fels an den hündische Reue mich kettet
während ein Funkensprung frei durch die Hand-
linien sich bis in die Blutbahn fraß
und das Herz mir und gierig die Leber angreift
 
und selbst die Vögel des Himmels
Adler wie sie von Träumen schwer
herziehen noch immer vom Ida gewaltigen Flugs
und des Padus trostreiche Schwäne
auch sie mit den fühlenden Federn
werden vergeblich mir Kühlung fächeln
 
 
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Desiderat

Desiderat
 

Desiderat

nur ein Schädelfragment und
Rippen- und Becken- und Schulterstücke
Radiometrie Mikroskopie im zu engen Labor
und Team-Diskussionen bis in die Nacht
bis in den Schlaf noch von Traum zu Traum
Homo habilis Homo erectus
wars dieser war es der andere
 
wandrer der nachtbefangen den weg sucht
und das ohr nicht das auge nicht ausruht
wenn schmerz – aus dem norden ein schmerz
dass er die brauen ihm einschnürt
über den vegetabilischen lidern
schlange die kalt das kraut
seiner unsterblichkeit frisst –
 
und sehnsucht wohin unterwegs
dass sein gesicht beinah springts ihm nach vorn zu einem
der seinen umhang im feuer zurückschlägt
auf einen Gott zu wer weiß
oder ein brunnenaug ists die sehnsucht darüber zu beugen
dunkle furcht aber hebt sich
überall her aus dem grund und größeren schatten der bäume
 
Doch wohl nur halb evolviert zieht einer Zwischenbilanz
weil nur das Untergesicht vorgewagt ich seitwärts zu einem Boris
und denk blitzend ihm in die Augen wie ich ihn gestern
die Sonne Georgiens weiß Gott wo unter der Erde
sie im Übermaß welches Urgebein heizte
Geruch von gemähtem Gras und die Maultiere schrien
ihn küsste plötzlich auf offenem Feld –
 
Die fliehende Stirn notwendig er mit dem Stift
auf seinem Koordinatenpapier sehr konzentriert
das Schädelfragment umfahrend
muss sie auftreten solange und deutet jetzt
auf zwei weiße Quadrate in ziemlichem Abstand
unterhalb der verschiedenen Beckenstücke
das Sprungbein fehlt
 
 
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Generationswechsel!

Generationswechsel

Epheben-Episoden

V

Generationswechsel!

Du nun? Wie? Noch einer, der nach dem Striker-Helm,
nach den Mk-16-EF-Looping-Luftpolstern ruft?
Im Allwettersupercruisesteigleistungsblindflug schneller
als hui! Hinterns Schatten? Wo ohne Ufer
 
der Glasfaserfluss, phasenverzerrt, sieh ihn an,
zersplitternd, bleich, zu aerodynamischen Schreien,
wo unterm Tränenrückstau, titan-
kontaminiert, diese Starre, head-down, in den Haarweiden – –
 
Recyceln? Beim Delta-Flügel, okay, da sag ich,
versuchs; nur nimm, wie er ins Licht neu sich auslegt,
die Kontur nimm von den Handfedern hier. Ja, und zur Montage
 
– dass er einmal, wenns erdwärts zu dämmern beginnt,
care-free, du verstehst, er den schwereren Schatten erträgt –
 
den Honeycomb-Inbus, Herz! Borg ihn aus von den Bienen!
 
 
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Am Kanal

Am Kanal
 

Epheben-Episoden

IV

Am Kanal

 
Als wär da – – ein Springquell? In einem gebannten Park,
und ein Hornsignal, fern, das abends ihn still werden lässt …

Und darüber – – ein Sternbild? Als überstrahlte die Bestien
oben am Weltfirmament glückflimmernd die Sendung der Argo,

die sein Spiegel, Halbgötter, empfängt … Dies dein Vergoldungsprogramm?
Für was sich abspielt, jeden Abend, unnahbar vor deinem Plüschsitz?
Fakt ist, ein flach aufmoduliertes ätherisches Wunder

zeugt auch im Fleisch! Dass der so schöne Schwung deines Munds
– zu eigen fast für die flüchtige Intimität mit Fritz,
meinem, wie sagtest du, ältlichen Rufnamen –

ach, schnutig genug bist du bald, deinen vorproduzierten Marken-
zwergzwilling mit dem Kleinformat-Kuss zu kopieren: druckfest,

fühllos, nur Serienblüte aus Polyester
auf dem grauen Glas eines Sargs.

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Teestuben-Disput

Teestuben-Disput

Epheben-Episoden

III

Teestuben-Disput

 
Du kommst zu spät (die mit den Schürzchenhüften
hat schon serviert) und lässt die Pudelmütze
rot auf der Wolle. Auch gut. Und im Niedersitzen
schon treibst du Herden deiner paarhufigen Projekte
dreist über meine Edelblütentriften:
.
Halt! ruf ich: Helikon!  –  Cool! sagst du: Helikopter!
Ich wettre: Dardanos! gelehrten Hauptes
Altsilber blitzend auf die Waage legend,
Darts! wirfst du ein und lässt die juvenilen
Bocksbartflaummuskeln spielen  …
 
So zwischen Ilion
und Illinois erkämpft der Habicht seine Bahn,
während aus leeren Tassen himmelan
Abgründe arger Drachenunterwelten drohen  –  –
 
Da schenkst du nach. Wir sind am Ziel.
 
 
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Berlin, Tauentzien

Berlin, Tauentzien

 

 

Epheben-Episoden

II

Berlin, Tauentzien

Halt, halt! Wohin? Sagtest du nicht, du selbst, heut früh,
wir seien, im starken Gleichlauf des Gefühls,
trotz hier ein wenig Rost und dort mehr Öl,
desselben Zukunftsschiffes Doppelschraube? Die

gradlinig durch den Oberflächenschaum
den Bug – – – Jetzt aber, wie verdurstend, stürzt
du seitwärts in dieses peepshowglitzernde
Stahlglaslifestyletriumphportal: Und, wow,

erscheinst in vollem Outdoor-Outfit wieder,
BLUMARINE-Brustprint, Color Algenblüte,
die mit Designerfingern an dir zieht …

Ihr Lippen, flink, auch wenn er am Matrosen-Mieder
abspringt, einmal umarmt noch seinen Namen
und jede Silbe speichelt mit Balsam!

Dann bahrt ihn auf bei seinen Brüdern.

 
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Der Westwind bei Taormina

Der Westwind bei Taormina

Epheben-Episoden

I

Der Westwind bei Taormina

Dialektik bei Plato, würde ich sagen, die Mühen
der Diärese, ist mehr als zum Geist durchgedrungene
Palästra, wo schwitzend bei Diskuswurf oder Weitsprung
die Leiber jung und schön in der Sonne glühten

wie deiner jetzt, hingestreckt hier am Strand, ich würd sagen,
das ist, als ob du den Ätna da drüben hinaufsteigst –
durch Orangenhaine, durch Wald, den Ginsterbereich,
steil dann empor über glasig-poröse Schlacken –

und prüfst, bedenkst jeden Schritt, bis zuletzt dein Pfad dich direkt
zum Krater des Todes geführt hat: Aber kein Zittern
befällt dich, denn näher dort bist du der heiteren Ewigkeit

über dir, würd ich sagen, wenn hier nicht schon blumenkindheiter
die Züge dir blühten, seit in der Schläfenwunde wieder

der elektronische Diskus steckt.


(Lesung im Zauberberg 20.11.2013)

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Treffpunkt Seekrug

Treffpunkt Seekrug
 

Treffpunkt Seekrug

Von links aber inzwischen wo noch ein Tisch unbesucht ist
Irisierendes plötzlich grellgrünlichblau
trifft dich Libellengeknister
Vollwelt in den heimlich halbierten Augen d.h.
unten Zuflucht und Rast und der gefügige Raum
darüber ein Himmel aus Jagd- und Begattungsräuschen
 
wie Glimmer aufglitzernd oder ein Gneis
Augengneis mit dem Porphyroblastenblick
oder Acasta vielleicht weil er als erster unkeusch
so fand man heraus hart wurde über der Urfeuerwelle
und seither am Bärensee bei diesen Dogribs liegt
liegt dort und glitzert seit vier Milliarden Jahren
 
Und nun gar die Seele
erinnerst du dich
seinsförmiger noch sei die Seele geartet
als alles Ding
 
Enkidu z.B. der mit dem Tiergesicht
Enkidu der mit Gazellen vom Steppengras frisst
bricht auf dass er mit einem Größeren ringt
Gilgamesch vor den Pfosten zum Hochzeitssaal
und stierbreit wie er Schädel auf Schädel presst
ists Götterblut das küsst er ihm von den Lippen
 
Leichtgewicht Yves Rocher aber und alle
diese men total revitalizer Lancome
Vichy Shiseido da ist keiner so hip
der sich wenigstens bis zum Eichstrich erhebt
auch Biothermtypen auf rund fünfzehn vom Hundert kommen die
leicht die kein Copperfield aus der Tube kriegt
 
Teilmengen nur eben
selbst kleiner als klein
Teilmengen gibt es nicht
in Wahrheit nicht meint die Teilchendoktrin
es gibt nur gibt stets nur das Eine
 
Unsterblich
setz dich nun wieder hin
auf ein drittes Bier und gedulde dich
 
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Arkadische Rhapsodie

Arkadische rhapsodie

Arkadische Rhapsodie

Der Gott dieses Tals –
von erhöhtem Fels reglos
Bernsteinblick aus gehörntem Gesicht
über das Wipfelgewoge

und über das Meer und die Inseln bis hin zu Apollons Äthiopen –
dorthin, ach, als Junge auf rammbugbreiten
Matrosenschultern dorthin nur einen Sommer
entführt zu werden, wo sie die Antilope tanzen,
wo sie wie Rosenblätter dem Häuptling
das Abgeschnittne besiegter Krieger auflegen – –

nein, nicht zum Ort ihrer Untaten,
zu den unbesuchten allein
schweifen die Seelen immer
zurück vom Ufer des Acheron ruhelos – Weisheit,

o Weisheit der Babylonier,
die ihre Grenzsteine im Inneren
der Tempel aufstellten und Schöpfungsgötter
einmeißelten und weltalte Gestirne,

denn alles, die Urglutsekunde muss ja
schon alles enthalten haben, die sämtlichen subatomaren
Präfigurationen von Gold, von Weihrauch und Straußenei,
langschwänzigen Affen und schwarzglänzenden Sklaven,
mit denen nach Jahr und Tagen die Kundfahrer,
die wagemutigen, im Triumph heimkehrten aus dem Wunderland Punt,

und glüht nach noch immer in Morgenröten, wie
weit offen Austern sie einsaugen, nachtwund
aufsteigend von ihren Sitzen am Grund
um Globen aus Licht zu vollbringen,

oder die, so bezeugen es die Brahmanen,
mild die Erwählten erleuchten, dass sie
Sarasvati schauen, den dritten Fluss,
Strom der unteren Welt und der Poesie,

so klar, so unabweisbar wie ich
diesen Sandweg hier mit den paar Oliven,
die aus bienenumsummter Krone ein Windstoß
oder ein Kindskopf ganz frisch herabwarf:
Vielleicht, dass irgendein Tityrus, honiggelockt,
der weder Holzäpfel findet noch Esskastanien,
doch eine aufhebt und – ach, Fruchtfleisch, es

will sich nicht lösen von seinem Kern
bissfester Ewigkeit – sie mit prustendem
Fluch vor den Geißbock spuckt.

(Lesung im Zauberberg 20.11.2013)

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Unter dem Abendstern

Unter dem Abendstern

 

Unter dem Abendstern

Schon die Schwüre allein zwischen sagen wir Belfast
und Shanghai oder Timbuktu Treueschwüre funklöslich
auf so eine Membrane gewispert dazu dann die Spasmen
elektronischer Kussexplosionen oder Umarmungsspannungen
aus Kapstadt feinabgetastet in Basel einschließlich
der Interferenzen von Kommunikationsphantomen
mit Frequenzmustern von Herzempfang und oszillierender Ahnung:

Des Weltäthers unsichtbar übergewaltiges Strömen
aufgeladen mit Schwingungssignalen von Millionen
Fernliebenden kosmisch codiert ein Girren ein Kosen
Jubel Gestammel Geschrei und mittendrin dieses Sehnen
von mir jetzt und dir – von deinem Paul in Pankow und seiner
Anna-Lisa in Abu Dhabi du mit hübsch rosigen
Öhrchen jetzt völlig Gehör und ich dein getreuer
Fernmund ich sprech übers Meer mich schwupp da hinein
denn auch unsere Sehnsucht ist eine du weißt von diesen räumigen
Wanderwellen aus denen Abend für Abend neu
von dir zu mir … ja sie allein ists die nun über mir sich
Anadyomene erhebt hell aus magnetischen Schäumen
gunstbereit funkelnd und funkelt doch eher begehrlich – –

und ich ach hab ich im März nicht willig ein Fisch
springend mein Prachtsilber erschöpft dass sich ihr Leuchten verstärkt
hab ich im Sommer ein Wald nicht damit ihr herrlicher
Glanz sanfter wandelt mein Laub hingestreut
und später im Jahr hab ich nicht ein eherner Berg
mich abgetragen damit ihr reineres Scheinen
hier kein Schatten befleckt – nun aber was bleibt
dem Blachfeld wenn sie ihm naht was ists noch als bloßer
Mund zu sein der sich aufreißt und schwerelos Schrei
weiß an dem weißen Strahl ihres Nachtaugs sich bricht:

O oberhalb aller Blütenfrühlinge groß
Göttin die du das Weltrund beschickst mit den genauen
Echogestalten winterlich lächelnden Lichts
mich im Laut umarmend mit einem kleinen Tod
der den Hauch im Raum überdauert

(Lesung im Zauberberg 20.11.2013)

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