Ankunft

Überblickskommentar:

Auf der Realebene fährt das lyrische Ich in einem Taxi in einer ihm fremden Stadt zu einem ungenannten Ziel. Dabei redet es mit dem Fahrer / der Fahrerin – wobei allerdings nur der Dialogteil des Ichs zu hören ist – und fordert ihn auf, ohne Umwege geradeaus zu fahren. Die Fahrt wird immer wieder durch Ampelstops unterbrochen, es wird eine Prüfung der Reifen erwogen; Berliner Plätze und Straßen werden benannt; das lyrische Ich folgt seinen eigenen kulturkritischen Reflexionen und schließlich fordert es auf zu halten, falls ein Kuckucksruf zu hören sei.

Auf der übertragenen Ebene kommt ein ‚Bote der Transzendenz‘ in die Gegenwart. Die Gegenwart ist ihm fremd, sie wird als streng zielgerichtet charakterisiert, sie schert sich nicht um Anfang und Ende, ihr Tempo nimmt konstant zu, sie ist ausschließlich horizontal orientiert. Der Bote hält dagegen die vertikale Orientierung, das Licht, das im Diesseits in den Körpern Gestalt annimmt, aber über das Individuum und die Gegenwart hinausreicht und vom Unsterblichen im Einzelnen zeugt. Auch in transzendenzfernen Zeiten kann es – wie ehemals in Heldengedichten – vom Dichter evoziert werden. Der moderne Mensch wird, da er die Verbindung zur Transzendenz verloren hat, als Waise bezeichnet, der dem Markt ausgeliefert ist. Die Natur, die früher die Verbindung ermöglichte, ist heute vom Menschen zugerichtet. Es besteht aber die Möglichkeit, mit dem Kuckucksruf, der für das Gedicht steht, eine neue Botschaft zu hören.

Dem Gedicht liegt eine zyklische Zeitvorstellung zu Grunde: Auf eine Transzendenz erfüllte Zeit folgt eine der Transzendenzferne, die durch Andenken überwunden werden kann.

Ankunft


 
Nein
bitte auch wenn ich
Sie hören es ja

Hier
fremd
bin bitte nicht diese
sightseeingumwege
nein
Nehmen Sie
wie sonst auch
was mit vorfahrt
den nacken
Lang immer nach vorn in Ihr
wellengrün
und
5
Reden
Sie wenn Sie nicht still sein können nur reden Sie

Was Sie gelernt haben
reden Sie city
weil
ich
Komm
ich weiß nicht woher
geh weiß nicht wohin ich

Wundre mich
bis ich mir durchsichtig
ich meine

Packen Sie
wie gewohnt nur
diese alltäglichen

10Rechts oder links auffälligkeiten einzeln mit Ihren zähnen und
Zoomen Sie
die
eins zwei
in die tachozeit
bis zur nächsten
m.a.w.

Verlängern Sie sich nicht in so anfänge
und bloß kein

Mit rücksicht auf mich
kitsch up über die schlüsse
nein

Folgen Sie nur den reinen diesen
fluchtlinien der sichtbarkeit

15Strichkode und
akut im augenblickstempo

Denn mit jeder
umdrehung
seit vielhunderttausend jahren
Hat heut auch die
seele
ihr bislang rasantestes
ganz konkret allerdings
Tritt nebenbei durch
unwucht
selbst hier schon

Vertikal energieverlust
ein wenn Sie das

20
Die ampel sprang eben auf rot
gleich jetzt

Einmal nachprüfen wollen bei Ihren reifen
Während die bodenreibung zugleich
horizontal
da

Liegts auf der hand
nicht das ziel
kann es sein
Was zählt vollzähligkeit nicht und nicht die gezähmte weite sondern
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Das licht
das diffus verteilte gebündelt im leib
Triffts die welt
mit Kurfürst
und Kaiser als zufall von namen
Theo Heuß Rudi Dutschke und Damm oder Platz
Immer weiter
von kreuzung zu kreuzung

Stets neu sich mit körpern bekleidend
wie gene

30Längst schon hinübergestorbener vorbewohner
Trilobiten
oder der säbelzahntiger

Die
ohne wohin und wozu

Ein unsterbliches hüten im
adyton
unseres fleischs
ja

Göttergewitter
damit begann heißts das heldengedicht der welt
35
Auf dass es auch spät ab und zu noch
dunkel heraufgrummelnd
Verlorenes aus dem
abgrundschwarz
des
äons
echo der blitze

Urknallmantra
oder die
stop-und-go-intonation
von
lohnfahrerfabeln

Wo nun die erben
von siegern subjekte die sehen Sie

Kosmische vollwaisen das ist unser problem
40Und dieses
lebendfossil aus dem Pleistozän
das uns steuert innerhalb

Nämlich des marktwirtschaftlichen systems das pfeifen
Die
spots
volles rohr von den dächern

Ist die natur
vogelfrei
aber falls wirklich noch unvermutet
Irgend aus
zoo oder parkgrün
herüber sollte uns
45
Kuckuck
prophetisch
mit
brudergruß
treten Sie
Halten sofort Sie an
wenn er
frühlingsglück
sag mir doch
Hundertfach dass ich es hör und auch das mittelstück lern in der
Absteigenden terz

 
 
Stellenkommentar:

Titel: Die Ankunft ist der Beginn des Kirchenjahrs, der ‚Advent‘.

v.1 Nein: Auf der Realebene die Ablehnung eines ‚Sightseeingumwegs‘ (vgl. v.2), auf der übertragenen Ebene (mit der Verneinung der Gegenwart) die Feststellung der Transzendenzferne. Das Nein als ablehnend-kritische Haltung wird wiederholt in v.2 und v.13.

v.1 Sie hören es ja: Im Alltagsjargon formulierte Verkündigungssituation: das lyrische Ich könnte als Erzengel Gabriel und der/die Taxifahrer(in) als Maria angesehen werden. Das ja antwortet auf das Nein des Versbeginns: Es erscheint hier als Bejahung der Transzendenz, auf der christlichen Ebene als das Einverständnis Marias mit der Inkarnation Gottes.

v.2 fremd: Das lyrische Ich kennzeichnet sich als nicht zu dieser Welt gehörig.

v.2 sightseeingumwege
: Die Sehenswürdigkeiten dieser Welt lenken das lyrische Ich vom Eigentlichen ab. Das Eigentliche ist das Wort, das man hören sollte (vgl. zu v.1).

v.3 Nehmen Sie: Beginn einer Reihe von (ironischen) Aufforderungen an den/die Fahrer in (v.5, v.9, v.11, v.14 und v.46)

v.3f was mit vorfahrt den nacken / Lang: Das hinter dem Fahrer sitzende lyrische Ich fordert auf der Realebene dazu auf, Straßen mit Vorfahrt zu benutzen und mit Blick auf den Nacken des Fahrers geradeaus (immer nach vorn (v.4), horizontal) zu fahren. Auf der übertragenen Ebene wird an die ‚Vorfahren‘ angeknüpft , deren Blick sich in Verlängerung des Nackens nach oben (vertikal) richtete.

v.4 wellengrün: Umschreibung der ‚Grünen Welle‘

v.5 Reden: Auf der Realebene ist das verdreifachte reden ein Abbild des ‚Geredes‘ der Gegenwart, auf der übertragenen Ebene betont die dreifache Wiederholung die Bedeutung des eigentlichen Wortes.

v.6 reden Sie city: ironische Formulierung für die Anpassung an den Gegenwartsjargon

v.6 weil: Die Kausalkonjunktion weist daraufhin, dass das lyrische Ich sich in der Welt des Taxifahrers orientieren möchte.

v.6ff ich / Komm ich weiß … wundre mich
: „Ich bin und weiß nicht wer. / Ich komm‘ und weiß nicht woher. / Ich geh‘, ich weiß nicht wohin. / Mich wundert, dass ich so fröhlich bin!“ Bekannter Vierzeiler eines unbekannten Dichters, schon im Mittelalter zitiert.

v.8 bis ich mir durchsichtig: Die Abwandlung des Gedicht-Zitats von „fröhlich“ (s. zu v.6ff) in durchsichtig verweist einerseits auf die geistige, körperlose Gestalt eines Engels, andererseits könnte man auf der Realebene dies als Metapher für ein ‚Sich-selbst-durchschauen‘ verstehen.

v.9f Packen Sie … / … einzeln mit Ihren zähnen
: Aufforderung, sich der Dinge wie ein Raubtier zu bemächtigen, und Hinweis auf die menschlichen Vorfahren (vgl. auch zu v.30f)

v.9f diese alltäglichen / … auffälligkeiten
: Parallel zu den Sehenswürdigkeiten der sigthseeingumwege, aber durch das Attribut ‚alltäglich‘ einer besonderen Würdigung nicht für wert befunden

v.11 Zoomen Sie die … in die tachozeit
: Verkürzung der zeitlichen Distanz und Übersetzung in Geschwindigkeit

v.11 eins zwei: Skala des Geschwindigkeitsmessers (Tachometer)

v.11 bis zur nächsten: zu ergänzen ist ‚Ampel‘.

v.11 m.a.w.: Die Abbreviatur steht für die Verkürzungen der Bedeutungsräume von Sprache in der Gegenwart. Im Raum des Transzendenten ist das Wort als Geistiges mit der Realität identisch („Im Anfang war das Wort …“ Beginn des Johannes-Evangeliums).

v.12 Verlängern Sie sich nicht in so anfänge: Ironische Aufforderung nur die Gegenwart ‚wahr‘-zunehmen

v.12f bloß kein / … kitsch up über die schlüsse: ironische Aufforderung, auch den Schluss des Lebens, den Tod, nicht dem Geschmack der Gegenwart anzupassen (Ketchup).

v.14f den reinen, diesen fluchtlinien der sichtbarkeit / Strichkode: Auf der Realebene kann man die Fluchtlinien als Fahrbahnmarkierungen (Strichkode) verstehen; damit wird zugleich auf den Wa(h)rencharakter der Moderne hingewiesen. Auf der übertragenen Ebene verweist der Begriff ‚rein‘ auf den Raum der Transzendenz (wie z.B. auch bei Rilke) und überschreitet den Raum der ‚Sichtbarkeit‘.

v.15 akut im augenblickstempo: Wiederaufnahme der ‚Sichtbarkeit‘ und der Zeitbeschleunigung (vgl. zu v.11). Das akut verdeutlicht die Zuspitzung des Zustandes.

v.16 umdrehung: Neben der Umdrehung des Autorades vor allem Hinweis auf die zyklische Zeitstruktur, die dem Gedicht zu Grunde liegt: Mit gemeint ist das Kreisen des Kosmos seit vielhunderttausend jahren.

v.17 seele: Pointiert gegen das Gegenwartsbewusstsein (heut) benutzter Begriff aus antik-christlicher Vorstellung

v.17 ihr bislang rasantestes: zu ergänzen wäre ‚Tempo erreicht‘. Die Geschwindigkeit der Moderne wird durch das Wegfallen des ‚e’s in heut, des Weglassens des Akkusativobjekts und des Verbs versinnbildlicht.

v.18 unwucht: An Kfz-Reifen tritt die unwucht durch eine asymmetrische Verteilung der Masse auf. Auf der übertragenen Ebene tritt die unwucht in der Gegenwart dadurch auf, das dem ‚Unwichtigen‘, Nebensächlichen (nebenbei) zuviel Gewicht beigemessen wird.

v.19 Vertikal energieverlust: Die alte, auf die Transzendenz hin orientierte Ausrichtung der Seele ist heute verloren gegangen.

v.20 Die ampel … rot: Ein Stillstand bietet die Möglichkeit die gegenwärtige Einstellung (zur Transzendenz) zu überprüfen (v.21 nachprüfen).

v.22 horizontal: Gegensatz zur vertikalen Ausrichtung (vgl. zu v. 19)

v.23f nicht das ziel … / … gezähmte weite: Die von der Gegenwart angestrebten Ziele werden abgelehnt: Die Objekte (was zählt, ‚zählbar ist‘), die Menge (vollzähligkeit) und die Bewältigung des Raumes (die gezähmte Weite).

v.24f Das licht … im leib / Triffts die welt: Das Bestreben des lyrischen Ichs richtet sich auf den transzendenten Bereich, es benutzt mit licht eine traditionelle Metapher (z.B. Christus als das Licht der Welt), die das Nicht-Zählbare (diffus verteilt) darstellt, dennoch aber in der welt inkarnieren kann (gebündelt im leib).

v.26f mit Kurfürst … / … Platz: Auf der Realebene wird die Taxifahrt fortgesetzt: Kurfürstendamm, Kaiserdamm. Theodor-Heuß-Platz und Rudi-Dutschke-Straße. Auf der übertragenen Ebene ist auch in jedem Menschen ein Teil des Lichts (seele) inkarniert (vgl. auch v.29), der individuelle Name ist aus dieser Sicht unerheblich, ein zufall.

v.28 von kreuzung zu kreuzung: Auf der Realebene die Straßenkreuzungen, auf der übertragenen Ebene die im Individuum stattfindende Begegnung von Immanenz und Transzendenz (Christus als gekreuzigter Prototypus).

v.29f wie gene / Längst … vorbewohner: Das inkarnierte Licht wird mit den Genen der vorbewohner verglichen, die heute noch im Gegenwartsmenschen vorhanden sind.

v.31 Trilobiten: Die Trilobiten sind eine ausgestorbene Klasse meeresbewohnender Gliederfüßer, die Leitfossilien des Paläzoikums (im Gegensatz zum Menschen, der als Leitfossil des Pleistozäns, der Gegenwart angesehen werden kann).

v.32 ohne wohin und wozu: ‚Ohne Ziel und Zweck‘, also im Gegensatz zur Moderne

v.33 adyton: ‚Adyton‘ heißt der nach außen gänzlich abgeschlossene Rückraum des inneren Hauptraums eines altgriechischen Tempels, der nur vom Priester betreten werden durfte.

v.33 ja: Vgl. zu v.1

v.34 Göttergewitter … welt: Zyklische Zeitvorstellung, die an Giambattista Vico erinnert: Der Kreislauf der Geschichte beginnt mit dem ‚göttlich-heroischem Zeitalter‘ (Phantasie), geht über in das menschliche Zeitalter (Reflexion) und endet im barbarischen Zeitalter, bevor ein neuer Zyklus beginnt. Das lyrische Ich zeigt hier durch die Gleichsetzung von heldengedicht und ‚göttlich-heroischem Zeitalter‘ die Wirkkraft der Poesie, in der sich Transzendenz und Immanenz ‚kreuzen‘. (vgl. auch zu v.48).

v.35 Auf dass es auch spät ab und zu noch: ‚es‘ (i.e. das heldengedicht). Zu ergänzen wäre: die im folgenden genannten Dinge (Verlorenes, echo der blitze und urknallmantra) ‚hervorruft‘.

v.36 abgrundschwarz des äons: Charakterisierung der Gegenwart

v.36 äons
: ‚äon‘ allgemein ein ‚Zeitalter‘, in der Geologie ein ‚Erdzeitalter‘. In der griechischen Philosophie bei Heraklit die zyklisch fortschreitende Zeit, im Gegensatz dazu bei Platon nicht der Zyklus, sondern die ‚Ewigkeit‘ („Aion“).

v.36 echo der blitze: i.e. der Donner. Die Synästhesie kann als Figur der Überschreitung unserer alltäglichen Sinneswahrnehmung (hier Vermischung von Licht und Ton) interpretiert werden. In unserer Zeit vertrauen wir i.A. der sinnlichen Wahrnehmung, daher zeigt sich die Transzendenz nur noch als ‚Echo des Göttlichen‘ im Gedicht, es zeigt sich nur dunkel heraufgrummelnd (v.35).

v.37 Urknallmantra: Physikalisch ist die heute noch wahrnehmbare Hintergrundstrahlung des Urknalls gemeint. Ein Mantra ist eine meist kurze, formelhafte Wortfolge, die im Hinduismus dem Freisetzen mentaler und spiritueller Energien dient. Insofern ist auch das Gedicht, das fähig ist, die Transzendenz ‚freizusetzen‘, ein Mantra der Schöpfung, des ‚Urknalls‘.

v.37 stop-und-go-intonation: Dem durch die Ampeln bestimmten Rhythmus der Taxifahrt entspricht der Wechsel des Tons und die immer wieder unterbrochene Syntax des Gedichts. Ebenso ist der Wechsel der Sprachen in der Zusammensetzung (Englisch-Deutsch-Englisch-Latein) ein Kennzeichen der globalen Moderne.

v.37 lohnfahrerfabeln
: Das Gerede des Taxifahrer als heutiges Äquivalent zum ‚Heldengedicht‘

v.38f Wo nun die erben … / Kosmische Vollwaisen: Die heutigen Menschen werden nur noch als erben von Helden (siegern) angesehen, sie haben die Verbindung zur Transzendenz verloren, sie sind Kosmische Vollwaisen (vgl. Büchners „Märchen“ im Woyzeck, in dem ein elternloses Kind vergeblich Geborgenheit im Kosmos (bei Sonne, Mond und Sternen) sucht.) ‚Subjekt‘ ist hier – wie in ‚verkommenes Subjekt‘ – negativ zu verstehen.

v.39 lebendfossil aus dem Pleistozän: vgl. zu v. 31. Im heutigen Mensch sind noch alle Vorstufen der Entwicklung lebendig, also z.B. auch den Raubtierinstinkt, der dem Kapitalisten nachgesagt wird und der die Marktwirtschaft ‚steuert‘.

v.42 spots: ‚Das pfeifen die Spatzen von den Dächern‘: i.e. das verkünden die Werbespots im Fernsehen. Zugleich kann man an die ‚Hotspots‘ als Einwählpunkte zum Internet denken.

v.43 vogelfrei: Einerseits ist die Natur bis zum Kollaps zur Ausbeutung freigegeben (vgl. die ma. Bedeutung von’vogelfrei‘), andererseits ist die heutige ‚Natur‘ transzendenzfern (Abwesenheit der göttlichen Taube (vogelfrei), des heiligen Geistes).

v.44 zoo oder parkgrün
: Die menschlich zugerichtete Natur

v.45f Kuckuck … / … sag mir doch: „Kuckuck, Kuckuck, sag mir doch, wie viel’ Jahre leb’ ich noch?“ (Brauchtumsspruch).

v.45 prophetisch: Im Wortsinn (prophetie von altgriechisch ‚pro-phetes‘: „Fürsprecher”, „Sendbote”) als ‚Sendbote‘ der Transzendenz verstanden, aber auch im heutigen Sprachgebrauch als ‚voraussagend‘ (vgl. zu v.45f) zu verstehen.

v.45 brudergruß: Im romantischen Konzept von Franz von Baader ist die Natur das brüderliche Gegenüber des Menschen. Im traditionellen christlichen Konzept sind die Menschen Christi Brüder, also Teilhaber an der Transzendenz.

v.46 Halten Sie sofort an: Neben der Aufforderung an den Taxifahrer auch die Aufforderung, die Ausbeutung der Natur zu beenden

v.46 frühlingsglück: Üblicherweise hört man die ersten Kuckucksrufe Ende März bis Anfang April.

v.47f das mittelstück … / Absteigenden Terz: Die Tonhöhen der beiden Silben des Kuckucksrufes liegen meistens eine kleine, absteigende Terz auseinander; es existiert kein reales Mittelstück im Kuckucksruf. Wenn das lyrische Ich dennoch das Mittelstück lernen will, kann es sich nur auf ein ‚Unsagbares‘ beziehen, auf etwas zwischen den Worten, auf die Transzendenz. Insofern übernimmt das lyrische Ich die Mittlerfunktion zwischen Transzendenz und Immanenz.
 
 
Aspekte der Form:

Die zersplitterte Satzstruktur spiegelt (neben dem stop-und-go der Taxifahrt) die heute nicht mehr in einem traditionellen System fassbare Weltanschauung wider. Der permanente Neuanfang der Sätze und die häufigen Ellipsen (unvollendete Sätze) charakterisieren die ästhetische Struktur der Wahrnehmung in der Gegenwart.

Die konsequente Kleinschreibung (bis auf Versanfänge, Eigennamen und Anredepronomen) kann als ästhetischer Reiz, aber auch als Zeichen für die Nivellierung in der Gegenwart verstanden werden.

v 1-2 nein – ja – nein: Hier kann das ja als mittelstück … der absteigenden Terz (v.47f) verstanden werden (vgl. auch zu v.2)

v.12/13
: Der einzige traditionelle reine Reim (kein / nein) kann verstanden werden als Heraushebung des ‚Neins‘ der Gegenwart zur Transzendenz, indem aber das ‚Nein‘ durch das vorhergehende kein selber negiert wird, ergibt sich eine Position im Hegelschen Sinne. Er kann aber auch verstanden werden als Klammer, die die beiden Verse mit ‚Anfang‘ und ‚Ende‘ (schlüsse) zusammenbindet.

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