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Minde

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Der Turmspringer
 
Zehnmeterbrett. Ich bin acht oder neun und fröstele in der Julisonne. Angst. Von unten: „Wie? ein Minde und will nicht springen!?“ Das ist der Bademeister, Browski oder so ähnlich, Sportkamerad meines Vaters, der lange tot ist. Ich steig hinab auf fünf Meter. Die Tiefe, ich fühl ihre Augen. Da steig ich hinab auf drei. Und jetzt ist nur noch das Schweigen des abgewandten Gesichts. In das ich hineinspringe, die Füße zuerst. Sodass der Kopf, plötzlich im Nacken, noch Gelegenheit hat für den leisen Schrei lotrecht hinauf zum Zehnmeterbrett.
 
Der Blauton
 
Und über dem Zehnmeterbrett Himmel. Blau. Reiner blau als unten das drohende Wasser. Das sein Blau nur geliehen hat. Und der Schrei – mag sein durch die radikal veränderte Haltung des Kopfes – nimmt eine Farbe an, die ich von meiner Stimme nicht kenne. Nur kurz. Denn Himmel und Schrei, schon gehen sie unter in turbulenten Wassern.
 
Berlin Berlin
 
Und schließlich ein Auftauchen, sieben Jahre vorbei, der Himmel vermutlich derselbe, aber die Welt hinter dem Beckenrand neu; so muss ich Auskunft suchen, Orte, die mit mir reden, damit ich mich orientiere.
 
Die Zuschauer
 
Was wir bieten wollen: Replay & Slow-Motion, kurz: deutende Beschreibung der Levade. Und dabei soll nicht nur dem philosophisch-transzendenten Ereignis des Sprunges unser Interesse gelten, auch Emotion, Kolorit, Konsonanz und Rhythmus der Gedichte wollen wir scannen. Benn: „Alles hat mit Lyrik zu tun! Der Lyriker kann gar nicht genug wissen, er kann gar nicht genug arbeiten, er muss an allem nah dran sein, er muss sich orientieren, wo die Welt heute hält“ und das gilt nicht nur für unseren welt-haltigen Autor, sondern auch für die ihn Lesenden – und Kommentierenden.